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Mittwoch, 20. April 2016

Das Nordische Modell - Über Mythen, blinde Flecken und Realität


Beschäftigt man sich mit dem Thema Prostitution stößt man relativ schnell auf das so genannte Nordische Modell - und divergierenden Bewertungen dessen. Unter dem Deckmantel der Wissenschaft werden Behauptungen über die Wirksamkeit des Prostitutionsgesetzes aufgestellt, die keiner kritischen Betrachtung standhalten. Dieser Beitrag soll dazu dienen, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Dies ist umso notwendiger, als durch die Überlegungen zur Übernahme des Modells in zahlreichen europäischen Staaten und die Resolution des Europaparlaments für ein Sexkaufverbot nach Schwedischem Modell, die Desinformationskampagnen nochmal einen Schub bekommen haben.


Legalisierende Gesetzgebung: Ziel und Wirkung

"Deutschland ist die Hölle auf Erden für die prostituierte Klasse" (Rebecca Mott[i], Prostitutionsüberlebende)
Legalisierungsgesetze gab es 1998 in Österreich und Griechenland, 2000 in den Niederlanden und 2002 in Deutschland.

Ziel war es insgesamt die Sexindustrie zu kontrollieren, zu regulieren und Menschenhandel/Zwangsprostitution zurückzudrängen. Außerdem sollten Bedingungen für ein erleichtertes Einzahlen der Betroffenen in die Sozialkassen geschaffen werden. Argumentiert wurde mit erhöhter Sicherheit und besseren Bedingungen für Menschen, überwiegend Frauen, in der Prostitution. Die Etablierung von Prostitution als Erwerbstätigkeit und "Beruf wie jeder andere" hat nicht zur Stärkung der Betroffenen geführt, sondern zur Stärkung der Profiteur_innen - und füllt diesen die Taschen mit geschätzt 14,5 Milliarden Euro Jahresumsatz alleine in Deutschland. Von reichen Prostituierten/Sexarbeiterinnen ist übrigens nichts bekannt. (Im Gegenteil, Betroffene wie Domenica (die "Königin der Reeperbahn") berichten immer wieder, dass das "schmutzige Monopoly-Geld" so schnell wie möglich weg muss). Außerdem gibt es seit der Legalisierung einen Unterbietungswettbewerb mit Dumpinglöhnen und Druck auf immer mehr Sex ohne Kondom. Betroffene berichten von gravierender Ausbreitung von Tripper, Syphillis und anderen Geschlechts- und Infektionskrankheiten.

Prostitution, Consent und sexuelle Selbstbestimmung


In der Prostitutions-Drebatte  ärgere ich mich zunehmend darüber, dass ich über das Thema “Darf Mensch einem anderen Menschen Geld für seine eigene Befriedigung zahlen?” diskutieren möchte und stattdessenin Diskussionen rund um die Frage “Darf Mensch sich für die Befriedigung eines anderen Menschen Geld geben lassen?” verwickelt werde. . Dieser Text stellt einen Versuch dar, Prostitution im Kontext von Rape Culture bzw. dem – Consent-/Zustimmungskonzept zu diskutieren.

Rape Culture und sexuelle Selbstbestimmung

Mindestens jede dritte Frau erlebt im Laufe ihres Lebens Gewalt (körperliche, emotionale, sexuelle, etc.). Grenzüberschreitungen werden häufig bagatellisiert und heruntergespielt, Vergewaltigungsopfern wird misstraut oder sie werden verantwortlich gemacht für die Tat („sie hat einen kurzen Rock getragen“, „sie lebt promiskuitiv“, „sie hat aufreizend getanzt“, „sie wollte es doch auch“, etc.). Vor Gericht muss eine Frau, die sexuelle Gewalt erfahren hat, beweisen, dass sie sich in einer schutzlosen Lage befunden hat, d. h. Widerstand gegenüber dem Täter geleistet hat. Täter berufen sich vor Gericht oftmals darauf, dass sie den entgegenstehenden Willen des Opfers nicht erkennen konnten (anders als beispielsweise in Norwegen, wo es den Straftatbestand der grob fahrlässigen Vergewaltigung gibt, wenngleich es bisher kaum Urteile danach gibt. Der Ansatz ist jedoch vollkommen richtig und wichtig).



Prostitution, Postfeminismus und Neoliberalismus


Dieser Beitrag erschien erstmals am 4. April 2014 als Gastbeitrag im Internetblog "Die Freiheitsliebe"*

Je länger diese Prostitutionsdebatte andauert, umso mehr wundere ich mich über so manche Argumentation. Hier ein paar besondere Stilblüten: 

• Amnesty International London veröffentlicht ein Positionspapier und reklamiert ein Recht auf sexuelle Befriedigung jenseits konventioneller Möglichkeiten (Perspektivwechsel: vorher ging es immer um das Recht sich prostituieren zu dürfen)
• Eine Bordellbetreiberin propagiert ein Menschenrecht (Männerrecht?) auf Sex
• Auf einer Konferenz zu Sorgearbeit wird Sexarbeit unter “Care-Arbeit” subsumiert, in einer Reihe mit „Gesundheit, Pflege, Assistenz, Erziehung, Bildung, Wohnen, Haushaltsarbeit“


Ein ganz gewöhnlicher Freitag? – Prostitution im Wiesbadener „Untergrund“


An den meisten anderen Tagen bewege ich mich überwiegend in meinem eigenen Kiez in Wiesbaden: Hier wohne ich, hier arbeite ich, hier gehe ich aus, hier gibt es (fast) alles, was man halt so braucht. Freitage sind (derzeit) jedoch anders. Denn freitags fahre ich immer zur Uni nach Mainz und freitags mache ich Einkäufe für meine Arbeit, überwiegend in den Wiesbadener Stadtteilen Biebrich und Kastel.

Durch meine Vor-Ort-Recherchen zu Prostitution in Wiesbaden weiß ich ziemlich genau, wo Prostitution in meiner Stadt stattfindet. Durch Lektüre in so genannten Freierforen weiß ich das leider besser, als ich es manchmal wissen will. Viele schlaflose oder unruhige Nächte habe ich deswegen schon verbracht. Wütend und traurig zugleich macht es mich, dass die Chancen etwas dagegen zu tun, nicht gleich Null, aber doch sehr eingeschränkt sind.